
Vor meinem Fenster hängt ein großer Lappen. Ich glaube, man nennt ein solches Teil „Klemmfix Rollo ohne Bohren nach Maß“. Es ist Sonntag. Wo mein PC die Uhrzeit hinschreibt, steht im Moment 100%. Frag mich nicht, von was – ich habe keine Ahnung und beschließe, diese Zeitangabe nicht zur Kenntnis zu nehmen. Aber in mir macht sich ein Gefühl breit, das ein kleineres Chaos ankündigt. Ich mag das nicht, überlege rasch, wie ich es vermeiden könnte. So alt, wie ich bin, so dumm bin ich. Es gilt, die Ursache zu suchen – nicht die Wirkung zu kaschieren. Möglich, daß ich den Wetterwechsel nicht so gut vertrage wie in jungen Jahren. Gestern war hier noch alles normal. Drinnen wie draussen herrschte die Farbe Grau, und vor der Tür fiel Schnee, wie man das im Februar erwarten darf – leider aber mängelbehaftet. Sah aus wie Regen im August und blieb nicht liegen. Altphilologen wissen es seit Heraklit: Panta rhei! Warum nicht auch das moderne Wetter?
Und heute, am Sonntag? Scheun’n Schiet! So spricht der Altfriese vonne Küst.
Der Himmel blau. Sonne scheint. Krokusse und Glöckchen blühen. Letztere ohne Schnee. Ausser der Elbe fließt nichts. Die aber verkehrt herum, als wolle sie Dresden unter Wasser setzen. Sie versucht das seit Urzeiten 2 x am Tag
Ich habe entschieden, das Rollo runter zu kurbeln. Mir ist das da draussen zu optimistisch. Ich brauche ganz dringend 15 Minuten Ukrainekrieg, um zurück auf den Weg in die Wirklichkeit zu finden.
Schluß mir dem romantischen Kitsch! Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte? Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land? Der Biedermeier-Dichter Mörike hatte sie wohl nicht alle? Mal so gesehen: Mörike hatte eine friedvolle Jugendzeit. Die Napoleon-Kriege endeten 1815, als er 11 Jahre alt war. 18 Jahre später herrschte immer noch Frieden, und er schrieb sein Frühlingsgedicht in 1829. Erst im Jahr 1848 hat man in DE revoltiert, um einen geeinten Nationalstaat zu etablieren und ein Bürgerparlament einzurichten. Bis dahin war Kleinstaaterei in Mode, und so etwas kostet viel Geld und schwächt das Land.
Wie zum Kuckuck bin ich in die deutsche Geschichte geraten? Vielleicht hat mich die Sehnsucht nach einem Zustand beherrscht, wie man ihn anno 1900 lebte: Unbelastet von Informationen zur hässlichen Seite des Menschentums, und mit einem Bildungsniveau versehen, das dem der damals lebenden Afrikaner entsprach. Heute versucht man, die Bürger auf diese schlichte Denkweise zu reduzieren, nur: Das wird viele Jahrzehnte brauchen. Das Ziel ist bekannt und längst in aller Munde: Panem et circensis und ora et labora in ein Konzept zusammengeschmiedet, und in die Welt hinausgetragen ….. Normalität im 18. / 19. Jahrhundert. Heutzutage ist man, derart reduziert, ein Halb- oder ein Vollidiot. Geeignet für ein Leben in ….. in Sklaverei.
Ich wollte mich noch zu Schokoladenpudding äußern, kriege aber keine Überleitung zustande. Es geht einfach nicht. Das ist echt schwach.