Babylon – immer und überall

Einst besass ich einen Stempel, mit dem ich meinen Namen in chinesischen Schriftzeichen übermitteln konnte. Jeder gebildete Chinese hätte das Bild lesen und verstehen können, aber kein noch so gebildeter Europäer, der Mandarin nicht gelernt hat. Das Stempelbild enthält zwei Schriftzeichen: Li she. Steht für Risch.
China kennt nun mal kein R.

Ich habe gerade einen Rest Schichtkohl (chinesisch vermutlich Shitkohl) aus unserem Römerttopf gescharrt und aufgegessen.
Man mag es infantil nennen, aber ich bin meinen Chinesen nicht losgeworden. Er nennt das Kochgefäß mit Sicherheit „Lömeltopf“. Und ich, sein Antipode? Ich nenne ihn einen Rümmer, weil ich sein Deutsch nicht verstehe. Damit das klar ist – und ich richte das nun an die Adresse meines einzigen chinesischen Lesers – was ihr könnt, können wir auch; nur umgedreht!

So. Das bin ich nun los geworden. Und ich fühle mich besser. Da fällt mir gerade eine Episode ein, die ich im Flughafen von Kiew erlebte. Meine Frau und ich sassen dort in der Lounge und hatten einen Cappuccino geordert. Ich hatte einer anstrengende Konferenz in Englisch hinter mir, redete nun mit meiner Frau deutsch, und sehe an der Bar einen Franzosen, aus dessen Reisetasche der Zipfel einer Unterhose hing. Nun war auch noch Französisch gefordert. Ich suchte in den Sprachresten in meinem Hirn alles zusammen, um einen Satz zu bilden, den der Franzose versteht. Es ist mir gelungen. Wir habenb herzhaft gelacht, er verstaute seine Büx dort, wo sie hingehört, und ich ging an meinen Tisch zurück. Wollte die Unterhaltung mit Flau Li She fortsetzten. Und ich stellte fest: Nun habe ich überhaupt kein Sprachmodul! Ich kriegte keinen Satz zusammen und keinen Ton raus. Diagnose: Blackout durch Überforderung. Es dauerte eine Minute, bis ich mein Deutsch wieder in den Griff bekam. Ausserdem war das Ereignis ein mehr als deutlicher Beweis für die Tatsache, dass ich für ein Sprachgenie nicht brauchbar bin.

Dieses Erlebnis hat mich stets amüsiert. So bin ich nun mal. Hauptsache, ich komme mit mir zurecht. Irgendwann fand ich dabei auch Trost. Wenn mein Hirn versagte und sich wieder zugeschaltet hat, dann beweist das was?

Es beweist, dass ich eines habe!
Das kann nicht jeder von sich sagen.
Und nun belastert mich tatsächlich die Frage,
ob ich eine arrogante Sau bin.
Ich denke, dass nein.
Mein Leben war halt bunter
als das eines Kartoffelbauers in der Heide.
Heute liefert er gute Kartoffeln an die Gemeinschaft,
und ich bin nur noch eine Drohne.
So’n Mitesser. Ein unrühmliches Ende?
Nochmal nein. Ohne Drohnen überlebt kein Bienenvolk.
(Amüsiert: Das ist echte Männerdenkweise!)
(Großes Gekicher)

2 Antworten auf “Babylon – immer und überall”

  1. Ich habe mal in früheren Jahren für den größten Baumaschinenkonzern der Welt, die IBH, gearbeitet (zur Auffrischung: Horst-Dieter Esch, Schröder-Münchmeyer-Hengst&Co.-Bank, erste fast Milliarden-Pleite in der deutschen Nachkriegsgeschichte).
    Zu den Maschinen, die wir auch in China anboten, gehörten Strassenwalzen (engl. roller) und Schauferadlader (engl. loader). Der damals zuständige Verkäufer für den Fern-Ost-Bereich ist darüber fast in den Verkaufsverhandlungen verrückt geworden, denn die Chinesen sprachen in ihrem sprachlich nicht ganz so eicht zu verstehenden Englisch immer von lollel und loadel und man wusste nie genau, was sie tatsächlich eigentlich meinten, Ursache für viele Missverständnisse.

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