
Gestern hatte ich in meinem Beitrag zu „Krisen“ zusammengefasst, welche Defizite ich in unserem Staat finden kann, wenn ich meine verschlafenen Augen einmal richtig aufmache. Natürlich ist meine Liste der Übel von allen Seiten angreifbar. Ich könnte mir selbst in den Hintern treten nur mit der Bemerkung, dass „Krise“ erst mal definiert werden müßte, bevor man einen Zustand als solchen bezeichnet. Ohne Zweifel – diese Denke ist richtig. Aber da ist die Versuchung, mit Unbestimmtem Missbrauch zu üben. Mit rhetorischen Tricks kann man so lange definieren, bis aus einem Sauladen ein blühendes Land geworden ist – auf dem Papier. Kommt man mit Beispielen, so wird man abgebürstet – Einzelfälle, Zuständigkeit bei den Solzialbehörden usw. Ein böser Trick, eine halbe Million Einzelfälle vom Tisch zu kriegen und so „die Krise zu vermeiden“.
Das war nun ein wenig Polemik zum Warmmachen. Zu meinem Krisen-Beitrag schreibt eine Leserin, ich solle mich auf einen Marktplatz stellen und darüber vor Publikum reden. Selbst wenn ich dazu in der Verfassung wäre – ich würde es mir verkneifen. Es ist nicht lustig, mit Tomaten und Eiern beworfen zu werden. Was ich sehe, will keiner wissen. Ich wäre ein bösartiger Nest-Beschmutzer.
Mal so gesehen: Wieso wollen 165 Millionen Amerikaner diesen Lügner und Betrüger Trump im Weissen Haus sehen? Warum steht die Mehrzahl der Russen zu einem Verbrecher wie Putin und zur Zerstörung der Ukraine? Und dies mit der Gewissheit, dass jeder einzelne zwischen Gut und Böse , zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann? Warum entscheidet man sich im Konflikt für die böse Seite?
Man mag es kaum glauben, aber offenbar wird das Böse als das Gute empfunden. Anders: Nimmt man das Böse zur Grundlage seiner Lebensgestaltung, dann tut es weh. Nimmt man das scheinbar Gute, so kann man sich wohlfühlen. Der Trick dabei: das Böse ist Wissen, aber das scheinbar Gute ( hier Trumps und Putins segensreiches Wirken) kann man als „gut“ glauben. WISSEN liefert harte Wahrheiten, GLAUBE dagegen die Kulisse für das Verdrängen von Wahrheiten.
Glauben wird also bewusst falsch verwendet.
„Ich glaube, es wird heute noch Regen geben!“ Das wäre korrekt.
„Ich weiss, dass dieser Mann ein psychopathischer Gangster ist!“ Das wäre die Wahrheit.
„Ich glaube, dieser Psychopath wäre der Richtige, unser Land zu regieren!“ Das ist Glaube an Schöngefärbtes im Wortsinn, nahezu religiös empfunden.
Der Glaube ist Gift. Er erlaubt, dass der Gläubige sich der Wirklichkeit entzieht und auf der Basis seines falschen Weltbilds, das er von Politikern vorgesetzt bekommt, Entscheidungen trifft. Der Glaube wirkt, indem er das Wissen zersetzt, und im schlimmsten Fall eine Gesellschaft spaltet. Siehe USA.
Wenn ich mit meiner Auffassung recht habe, dann ist der Glaube die Farbe, die das alte Haus mühsam zusammenhält. Es verrottet, aber man streicht immer wieder eine nette Fassadenfarbe drauf, damit man die Risse nicht sieht. Aber irgendwann kracht es. Dann heisst es Gute Nacht, eine Kultur hat sich selbst zerstört.
Und der Mensch? Seinen Weg zur Entwicklung des Homo sapiens hat er erst zur Hälfte geschafft. Er wird noch viele Kulturen gegen die Wand fahren, bevor er das geworden ist, was er vorgibt zu sein, nämlich ein Homo sapiens, ein Wesen, das nicht nur Verstand und Vernunft benutzt, sondern auch den Egoismus überwunden hat.
Glauben hat auch lustige Seiten. Da verwechselt eine alte Dame der Hamburger High society Gas und Bremse und brettert durch eine Panoramascheibe in die Metzgerei – sie wollte nur parken! Jedenfalls steht die iregendwann mit dem rechten Vorderrad auf einem Ring Blutwurst, verschont aber die an der Wand hängenden Schinken, insb esondere den Pata negra. Natürlich jammert sie, weil ihr Daimler vorne völlig neu designed ist. Der Polizist, der den Unfall aufnimmt, tröstet: „seine Sie nicht traurig, gnädige Frau! Glauben Sie mir. Es war halt Gottes Wille, der Sie zu diesem kleinen Malheur geführt hat.“
Und ich erstaunt: Der da oben hat den Crash verursacht? Ischa man interessant! Da wäre ich nie draufgekommen. Vermutlich muss die Evangelische Kirche Hamburgs den Schaden bezahlen ….. glaub ich allerdings nicht. Bin Atheist und folglich unglaubwürdig!
Was ein Politiker braucht?
Ein loses Mundwerk
rhetorische Begabung
ein Quast
ein Eimer Farbe, bevorzugt weiss oder rosa.
Was er nicht braucht?
Gewissen.