
Ich sitze gerade so gut, und verpsüre nicht die geringste Lust, in die Küche zu verschwinden. Dumm nur, dass dort der Morgen-Kaffee auf mich wartet. Tja! Irgendwas muss mich jetzt triggern. Hunger ist es schon mal nicht. Obwohl ….. ich muss mir heute eine Mahlzeit zusammenbrutzeln. Im Kühlschrank finden sich Reste, die ich wegarbeiten sollte.
Wegarbeiten? Dafür kenne ich nur zwei Wege. Zu einem Essen umarbeiten, oder endlich in die Mülltonne werfen. Schon höre ich die mahnende Stimme von W., was meine Tochter ist. „Das hat alles Geld gekostet!“. Und ich höre mich sagen: „Und Du hast den Mist zusammengekauft!“
Tatsächlich bleibt das Problem an mir kleben. W. ist weg und isst in einer Betriebskantine Steaks. Ich soll mich mit Senfeiern quälen? Ist das etwa gerecht? Zen feiern mit Senf-Eiern? Ich kann mir nicht helfen. Diese Vision macht mich wuschig. Ich muss jetzt unbedingt an den Kaffee ran kommen!
…………
Erledigt. Ich habe den Kaffee entführt. Es gab keine Gegenwehr. In der Küche war keiner. Soeben habe ich mir einen Becher Kaffee eingegossen. Auf meinem Schreibtableau ist nun eine grosse braune Pfütze. Ich schätze, ich habe daneben gegossen. Schuld hat meine Gleitsichtbrille. Sie verzerrt Bilder, und so gieße ich in einen Becher, wo keiner ist. Zuschauer lachen. Was ich immer sage. Rentner werden einfach nicht respektiert. Auch das muss ich für mich tun, sonst tut’s keiner.
Ok, das ist ein Dauerthema; andere Leute müssen einen ab-ben Arm ertragen. Ab meint weg. Aber Hauptsache, die Kreissäge in der Garage blitzt vor Sauberkeit. Und genau dies bringt mich zur Frage, wie ich den usbekischen Salat in eine Sosse umarbeiten soll. Nein, das ist kein Witz. Die Schwierigkeit: Es sind reichlich Trockenpflaumen drin, die Mumpe ist süss, sieht nicht wie ein Salat aus, sondern wie Chutney, und es soll eine Soße draus werden, meinetwegen süß/sauer, muss aber zu dem kleingehackten Huhn passen, dessen pietätvolle Beseitigung angesagt ist, und Usbekisches soll sich auch mit einem Rest Porrée vertragen, den ich mit den Hühner-Brocken anbraten will, und zwar unbedingt, denn ich liebe Porrée. Das Ganze, Gulaschartige müsste dann auf einem Reis-Bett hin- oder angerichtet werden. Und hier tut sich schon wieder ein Hindernis auf. Ich müßte das alles selbst essen. Die Katzen sind da wenig hilfreich.
Über allem schwebt – nein, kein Damokles-Schwert, sondern eine dunkle Wolke.
Ich kann nämlich nicht kochen.
Neulich gab ich einen Teelöffel Salz ins Nudelwasser. Die Spaghetti schmeckten wie eingeschlafene Füsse. Vorgestern gab ich zwei Tellöffel Salz zu den Linguine.
Das war zu viel. Salz kriegt man aus den Nudeln nicht wieder raus. Nun müßte ich also anderthalb Teelöffel probieren, habe aber keine halben Teelöffel in der Besteckschublade. Ok, das ist jetzt eine blöde Bemerkung. Aber ich bin nur für grobe Arbeiten zu gebrauchen. Man gebe mir eine Uhr zur Reparatur. Beim Auseinandernehmen habe ich schon die ersten Teile kaputt gemacht, und bevor ich beim Zusammenbau das letzte Schräubchen eingesetzt habe, bin ich weggestorben – wegen Altersschwäche. So sieht es aus.
Ich begebe mich nun zu meinem Abenteuer-Spielplatz, in meine Küche. Die Klospülung arbeitet einwandfrei, ich kann also mit dem Sosse-Basteln beginnen.
Aber ehrlich, ich möchte nicht an meiner Stelle sein – dumm nur, in bin’s.