1097 – Weiss nicht

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Tatsache. Ich weiss nicht, ob ich noch alle Tassen im Schapp habe. Dies, weil ich weiss: Je länger ich hier Texte schreibe, desto mehr entblättere ich mich, und mir scheint, es grenzt schon an Zur-Schau-Stellung einer Kuriosität auf dem Oktoberfest. Was kommt am Ende dabei heraus? Wer hier alles liest, was ich ins Netz tippe, kennt mich besser als ich mich selbst, und wenn das offenkundig wird, wäre es gut, tot zu sein. Als Häufchen Asche hat man seine Emotionen wahrscheinlich voll im Griff.

Aber bis dahin ist noch reichlich Zeit. Ich kann mich also weiterhin als Selbstdarsteller hervortun. Es ist wahrlich verrückt, denn ich bin ein bescheidener Mensch. Vielleicht ein wenig schrullig, stehe oft neben meiner Kappe, bin denkfaul und begehe deshalb so manchen Fehler, sodass mir Sachen um die Ohren fliegen, und das Schlimmste – ich bin nicht katholisch. Statt dessen bin ich schmuddelig. Gewissermassen ein geborener Schmuddel. Das äußert sich sehr deutlich, indem ich unentwegt in einem Shirt herumlaufe, das Auskunft über meinen Speiseplan der letzten sieben Tage gibt.

Ich fürchte, man wird so geboren. Natürlich arbeite ich an mir – wie man richtig vermutet, vergeblich. Beispiel: Ich hole die letzte Scheibe Brot aus dem Schapp. Die ist sowas von trocken, dass es staubt, wenn ich reinbeisse. Dann habe ich dieses Objekt, das längst kein Brot mehr ist, weggeschrotet, und auf meinem T-Shirt kleben Krümel. Ich werde gallig. Das geht doch nicht! Knochentrockenes klebt nicht! Das ist richtig, aber es gibt eine einleuchtende Erklärung für den Zustand: Es sind mir feuchte Krümel aus dem Mund gefallen! Das Gluten im Brot ist aktiv, und dockt an. In diesem Moment packt mich eine leichte Depression. Niedergeschlagenheit (tolles Wort). Unsere Katzen fressen so unsauber. Und ich bin auf diesem Niveau angekommen. Das bringt sogar meine kleine Welt ins Wanken!

Überhaupt bin ich ein wenig von der Rolle. Heute früh standen plötzlich zwei Felixe (der Felix, die Felixe – habe ich so entschieden) also es standen zwei Felixe in meiner Küche. Der große Felix ist Krankenpfleger. Der kleine Felix ist ein 14 Wochen alter, schwarzer Kater, ein sogenannter Halb-Perser aus dem Tierheim.
W. hat ihn angeschleppt. Damit Titi, eine dicke Erwachsene, nicht so allein ist. Dumm nur, dass Titi mit einer Zweitkatze nichts zu tun haben will. Sie ist tatsächlich sauer. Das Resultat der Rudel-Erweiterung: Wir haben nun zwei einsame Katzen. Und das ist für den kleinen Felix nicht gut. Also muss eine dritte Katze her, eine Gesellschafterin gleichen Alters. Und diesmal wird’s teuer; Maine Coon-Kitten kosten richtige Kohle.

Wie ich vernommen habe, ist das ausgesuchte Tier ein Maine Coon-Mädchen.
So reden Katzenmütter! Der kleine Schwarze ist aber kein Junge, sondern schlicht und wahr einfach ein Kater. Es ist so weit gekommen, dass ich hier als der „alte Kater“ durchgehe. Aber die täuschen sich; sie können lange warten, bis ich hinter einer Bockwurst herrenne. Und ich verweigere die Katzen-Klo’s. Auch wenn sie ein drittes in eine Ecke stellen.

Wenn die dritte Katze im Haus ist, wird es wieder spannend. Schliesslich besteht die Möglichkeit, dass sich die beiden Katzen-Kinder nicht vertragen und aufeinander losgehen. Dann hat W. ein echtes Problem. Einer fliegt raus, und das wird dann sicherlich der Kater sein. Und mein Problem ist, dass W. täglich zur Arbeit geht und ich die Viecher am Hals habe – ich bin kein Katzen-Fan! Wenn dann hier Klopperei stattfindet, und es fließt Blut – bitte sehr! Auch hier ist freie Wildbahn, wie in den Savannen Afrikas. Sieht nur ein wenig anders aus. Gut ist, dass Paarhufer nur sehr selten hier auftauchen. Ich hatte noch nie eine Gazelle im Schlafzimmer. Gemetzel gibts nur mit Mäusen und ganz dummen Vögeln.

Apropos Vögel. Ich habe noch klein gehacktes Huhn im Gefrierschrank. Vielleicht sollte ich mir nun etwas zum Futtern kochen. Ich sag‘ mal an, wie ich koche:

Die Hühnerbrocken werfe ich tiefgefroren in eine Pfanne mit ein wenig Butterschmalz. Irgendwann schütte ich ein halbes Glas usbekischen Salat ran. Das ist eine Mumpe aus Auberginen, Paprika und Trockenpflaumen. Steht hier rum und muss endlich weg, wird also so etwas wie Sosse, und ist zu süss. Ich werde also ein wenig Balsamico bianco angiessen, oder so um 100 ml Weisswein – mal sehen. Dann rühre ich Rindsfond und einen Bratensossen-Extrakt dazu, denn die Pflaume brauchen einen deftigen Dämpfer. Die ganze Zeit über schmurgelt das Huhn in dieser undefinierbaren Brühe, die ich gerne zu einer kräftigen Sosse umbauen möchte. Endlich öffne ich unseren Gewürzschrank. Kann sein, dass ich dort ein Gemetzel anrichte und am Ende nicht mehr weiss, was ich in welcher Dosis weggearbeitet habe. Wahrscheinlich vergeude ich auch noch eine Portion Milch, um der Sosse die Spitze zu kappen. Dann gebe ich Ruhe. Kein Schimmer, was entstanden ist, aber essen kann man es allemal. Ich habe noch keine Sosse vergeigt. Dazu gibt es Pasta. Eine Handvoll Tagliatelle steht griffbereit, es sind die Schmalen, die wie dicke Spaghetti aussehen. Nun kippe ich alles in eine chinesische Reisschale, rühre dreimal um und picke das Geschirr leer. Vielleicht gönne ich mir dazu ein Glas Chardonnay brut …..

Was ist nun der Witz dabei? Na, dass ich nicht kochen kann! Was das betrifft, durchwandere ich stets das Tal der Ahnungslosen. Ich weiss zum Beispiel, dass es Koriander gibt. Ich weiss es nicht, aber ich vermute, es ist ein Küchenkraut. Und ganz gewiss weiss ich nicht, wie Koriander schmeckt. Liebstöckel kann ich noch, dann ist Schluss. Koriander heisst in Appenzell „Böbberli“. In Pommern „Wanzenkraut“, weil es wie eine Stinkwanze riecht. Ok, Grund genug, einen Bogen drum zu machen. Oder nicht? Immerhin macht man auf den Kanaren daraus das Mojo verde, eine leckere grüne Sosse. Dazu ein Baguette und vier Flaschen Rotwein, einige Freunde, und das Leben ist wieder lebenswert!

Siehste, da haben wir den Salat. Mojo verde kenne ich – und habe vergessen, wie es schmeckt. Derartige Verluste schmerzen ein wenig.

Ich habe schon wieder zu lange gequatscht. Quatsch mit Mojo. Ohne Grün.

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