1096 – Altsein

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Hallo, junges Gemüse!

Heute gönne ich mir den Spaß, ein wenig über die Defizite der Alten zu räsonieren. Ja, ich will Euch so’n büschen Angst machen. Und nein, ich werde nicht so weit gehen, über das Alzheimersyndrom zu berichten – trotz meiner Erfahrung mit diesem Übel.

Nein, ich will, und ich kann nicht mit wissenschaftlicher Basis aufwarten. Aber mit meinem Alltag könnte es gelingen, Euch zu vermitteln, was Euch erwartet.

Vorneweg ist erst mal zu verstehen, dass ich hier unter anderem auch schreibe, um nicht zu verblöden. Man sagt ja, Rätsel lösen wäre die richtige Therapie für geistige Beweglichkeit im Alter. Mag sein. Bei mir nicht. Kreuzworträtsel fordern mich nicht. Ist für mich ein Schlafmittel. Erst schläft der Kuli ein, dann ich. Und ich habe keine Lust, alle Begriffe rückwärts zu buchstabieren, nur damit das Rätsel schwieriger wird.“Wie lautet die deutsche Bezeichnung für Herz?“ Ich versuche es mit Ragout – geht nicht, habe nur vier Kästchen zum Ausfüllen ….. das ist das Niveau der kommerziellen TV-Sender!

Ehrlich – wenn man über die 80 ist, kanns passieren, dass man lostrompetet: „Wie heisst nochmal der Günther mit Vornamen? Ich kanns mir nicht merken!“
Wenn man den Knüller losgelassen hat und verwunderte Gesichter bemerkt, fragt man sich, ob man die Situation jetzt lustig, oder traurig nennen sollte.

Überhaupt ….. man vergisst am laufenden Band. Nicht nur Namen, sondern auch die Bezeichnung von Gegenständen. „Ich muss Parmesan reiben, gib mir bitte mal das …..? das …..?“ Hilfe naht. „Du meinst die Reibe?“ Oder Du nennst den Handfeger ein „Ding da“. Boah!

Gelegentlich passiert es, dass ein Name vergessen ist. Man zieht sich schmollend zurück; Klappe halten ist angesagt, sonst merkt jeder, dass man abbaut. Und plötzlich, stets zur falschen Zeit, ist der Name wieder da, dick und fett. Wenn die Gesellschaft gerade über die Kunst des Schnitzelbratens redet, kannst Du nicht mit dem vor einer Stunde vermissten Braunkohlebrikett ankommen. Versuche sowas nie, Du erntest nur besorgte und belustigte Blicke, und ist ein sogenannter Seltenfröhlich, so ein humorloses Aas anwesend, kriegst Du auch noch Zunder.

Ein letzter Aspekt: Der Körper. Im Alter bleibt uns eine wichtige Erkenntnmis nicht erspart. Der Körper nutzt sich ab wie eine viel gebrauchte Wurzelbürste. Dann ist der Abgang geplant, aber die moderne Medizin verzögert den Prozess und nennt ihr Ergebnis Fortschritt. Ja, ich profitiere davon, bin in dieser Angelegenheit völlig gewissen- und hemmungslos. Nur: Richtig ist das nicht. Es ist asozial, weil die Jungen dafür zahlen müssen.

Da haben wir den Salat. Ich hatte mir fest vorgenommen, hier und heute nicht zu politisieren, und bin fast wieder auf dieses Geleis geraten. Schluss! Aus! das fehlte noch: Alter Sack verliert die Kontrolle über sein Leben und will sterben!
So würde die BILD-Zeitung schreiben. Ich dagegen halte es mit dem Cherubinischen Wandersmann:

Ich bin, ich weiss nicht wer.
Ich komme, ich weiss nicht woher.
Ich gehe, ich weiss nicht, wohin.
Mich wundert, dass ich so fröhlich bin!

Das klingt ganz anders als bei BILD, nicht wahr?

Nebenbei bemerkt: Auf meinem Schreibtisch steht eine große Schüssel voller Weintrauben. Sie sind klein, und süss. Das Besondere daran, es ist eigene Ernte. Die Reben wurden im Frühjahr gepflanzt, und schon haben wir eine Ernte. Ich freue mich!

2 Antworten auf “1096 – Altsein”

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