1006 – Retro

Die IT betreffend bin ich ein Platzhirsch. So ein kapitaler 18-Ender.
Ich habe noch mit Lochkarten an Hollerith-Maschinen gearbeitet, und in der Folge die komplette Entwicklung der IT miterlebt.

Ich habe keine Veranlassung, auf meinen wahrlich interessanten Weg durch diese Technologie stolz zu sein. Im, Gegenteil. IBM hat mich getestet und mir bescheinigt, ich sei für den Job als Programmierer gänzlich ungeeignet. Das ist ohne Zweifel richtig.

Wieso bin ich, ein Wind-Ei doch in dieser Branche gelandet? Es ist nicht mein Verdienst. Ich war als Volontär für 3 Wochen in der Hollerith-Abteilung eines 10.000-Mann-Unternehmens Gast und habe mitgearbeitet. Die Leute dort merkten irgendwann an, ich könne gleich da bleiben. Ich hatte halt mitgeschuftet. Ich dagegen entwickelte Sympathien für die Kollegen, weil sie zu feiern verstanden. Mehr war da nicht.


Und ich? Heute weiss ich, ich war Hilfsarbeiter. Der Zustand dauerte an, bis man die Lochkarte rauswarf und sich den Bits und Bytes zuwandte. Ich kriegte die erste richtige Aufgabe: Umstellung der Entgeltabrechnung auf EDV, also auf IBM-Computer. Man stellte mir einen Programmierer an die Seite: Nun macht mal!

Mein Programmierer, Herr M. war eine Figur, an der man verzweifeln konnte. Ich habe ihn in 12 Monaten nicht einmal lachend gesehen. der Mann hatte null Humor. Aber er war ein Spezialist mit Weitsicht, eine Rarität. Schaute mich an und wusste: Wenn es etwas werden soll, dann muss der Risch erst mal seinen Job lernen. Er lieferte erstklassige Software ab und wies mich auf umsichtige, dezente und effiziente Weise in meine Aufgaben ein. Dieser Stockfisch war für mich die richtige Medizin. Ich wurde erwachsen.

Herr M. hätte an meiner Stelle sitzen sollen, und ich auf dem Stuhl des Toilettenwärters. So wäre es richtig gewesen. Aber ich habe gelernt. Nach Projektabschluss war ich so fit wie er, von der Programmierung abgesehen. Programmierer sind Dolmetscher. Sie bringen Menschensprache mittels Programmiersprache in einen Meta-Zustand, den der Computer versteht und dann in seine Maschinensprache übersetzt. Davor liegt die Phase der Entwicklung einer Idee bis zur Codierreife, und dahinter beginnt das Testen und dann die Übergabe an Fachbereiche mit Schulung der User usw.

Ich verstand: An meinen Händen klebten 75 bis 80% des Aufwands, der Codierer bekam nur 20 bis 25% ab. Mache ich 5 grössere Projekte, bin ich Hans Dampf in allen Gassen, und bin ich hilfsbereit, so steigt mein Ansehen im Unternehmen ins Unermessliche, allerdings ….. Qualifikation ist gerne gefragt und benutzt, aber sie wird nicht bezahlt. So geschieht, was geschehen muss. Man kündigt wegen Geld. Und man begibt sich auf unbekannte Wege, ist als Wanderhure unterwegs.

Alles? Nein!
Aber früher war vieles besser als heute.
Es ist kalt geworden, auch in Deutschland.

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