Ich mag das Wort „Plaudern“. Es ist so nichtssagend. Regelrecht anspruchslos. Es kann Small talk entstehen, oder zu Heidegger’s Philosophie ausarten und dabei das Prädikat „Small“ verlieren – gleichgültig. Infantiles Geplapper aus Kindermund? Geistloses vom dementen Opa? Alles ist möglich, und alles muss erlaubt sein, weil ….. weil wir Menschen auch diese Form von Kommunikation brauchen. Plaudern erzeugt eine sehr dezente Form von Wohlbehagen, wirkt wie diese gefiederten Staubwedel, und endet mit neinem Gefühl wie beim Seufzer „Ach jaaa!“ – wenn man beim Plaudern auch reden durfte, und nicht nur zuhören …..
Nun, ich sitze hier in meiner Zelle und starre an meinem Monitor vorbei, aus dem Fenster, direkt hinein in eine grüne Hölle, die zu besseren Zeiten mit Recht „Garten“ genannt wurde.
Heute wird mir das Schreiben keinen Spass bringen, ich bin ausgesprochen missmutug, dies aber diszipliniert. In einer WG kann man sich nicht austoben, wie man es möchte. Also schlägt man die Zähne ins Nächstbeste, auch wenn es die Klobrille ist, und rennt danach ganz schnell zum Kühlschrank. Meist hilft Süsses beim Kompensieren. Aber leider geraten solche negativ gepolten Situationen oftmals zu Konflikten, zum Beispiel immer dann, wenn in der kältesten Ecke des Hauses nichts zum Naschen zu finden ist. Dann aber kommt die Altersweisheit auf die Bühne. Wer so alt ist wie ich, und für planbare kritische Situationen keinen Plan B erdachte, hat nicht wirklich gelebt. B heisst bei mir, nach einer Flasche guten Rotwein zu greifen und mich in meine Kemenate zurückzuziehen. Ich habe längst die abgedroschene Phrase verinnerlicht, wonach man das bißchen, was man zu essen pflegt, auch trinken kann. Dann sitze ich in meiner Zelle, und starre am Monitor vorbei direkt in die grüne Hölle. Weiol ….. mehr ist da nicht.
Ein erstes Glas Rotwein klärt meinen Blick. Plötzlich vermisse ich die Schmetterlinge. Hängen die alle noch in ihrem Kokon und pennen? Haben den Frühling verpasst? Leider sind die Schleimlinge rechtzeitig aus ihren Eiern gestiegen. Die spanische Nacktschnecke überflutet unsere Wildnis und frisst, was sie immer frisst: Grünes Menschenfutter und Blumen. Und das Schlimmste: Sie hat mit Spanien nie etwas zu tun gehabt. Sie lebt genau da, wo sie schon von 10.000 Jahren gelebt hat, damals aber vermutlich bis zu 180 kg schwer. Die Flatterlinge haben es schwer, denn Katze Cilla hat ihren Jagdeifer entdeckt und schleppt häufig einen Vogel ins Haus, um damit anzugeben. Sie führt sich auf wie weiland Hermann Göring in seiner Galauniform.
Vergangene Nacht habe ich im Chaos gelebt. Sie war wie ein Eintopf, bestehend aus Computer-Absturz, TV über Moonshiners in Virginia/USA, einer Flasche Roten, Ohnmachtsanfällen mit Schlafperioden im Bürostuhl, und einer kalten Bockwurst. Vermutlich war auch ein Stück Spielfilm dazwischen, aber das weiss ich nicht so genau. Mein Bett habe ich nicht gesehen.
Oh je, ich vergass: Zwischendurch habe ich einen Sauerteig angesetzt. Der sieht heute deutlich gesünder aus als ich. Er heisst Siegfried, und er verlangt, nun gefüttert zu werden; ein wenig Mehl und warmes Wasser unterrühren – schon ist Ruhe im Topf. Ruhe? Falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Milchsäurebakterien und Hefepilze geraten in Ekstase und produzieren zur Freude des Bäckers Nachkommen wie Teufel. Mein Problem: Mein Siegfried weigert sich, mitzumachen. Schnecken tun’s. Sie schlüpfen als Winzlinge, fressen und verwerten optimal, und wenig später fressen sie einen Kopfsalat zum Frühstück. Siegfried hat nichts verstanden – schon garnicht die Schwarm-Intelligenz. Eine Dumpfbacke! Wie jene Leute, die eine kalte Bockwurst essen – eine wahre Scheusslichkeit.